Filme

Mittwoch, 7. Februar 2018

Im Kino: Three Billboards Outside Ebbing, Missouri und andere Filme


Martin McDonagh's Film mit dem klingenden Namen Three Billboards Outside Ebbing, Missouri erzählt von einer Frau (Frances McDormand), die sich im Krieg mit der Polizei und anderen Bewohnern des Ortes befindet. Ja, das hatten wir kürzlich schon mal im polnischen Film „Die Spur“. In Ebbing geht es allerdings nicht um Tiere, sondern um die Aufklärung des Mordes an der Tochter der Frau. Auf den „Billboards“ wirft sie der Polizei plakativ groß an einer Landstraße aufgestellt Untätigkeit vor.

Den kantig-sensiblen Charakter von Frances McDormand kennen wir schon z.B. aus einigen Filmen der Coen-Brüder, und dieser Film von McDonagh könnte stilistisch wohl auch von ihnen stammen. Es geht mitunter relativ deftig zur Sache, ohne die Zeichnung der Charaktere zu vernachlässigen. Insgesamt weiss die Geschichte schon zu gefallen, ist mitunter sogar brachial-amüsant. 

Die Stärken und Schwächen der einzelnen Figuren dieser hinterwäldlerischen Welt sind .. nicht so eindeutig verteilt, wie man zuerst meint“, meint derstandard.


Hong Sang-soo's autobiographisch gefärbter Film On the Beach at Night Alone erzählt von einer jungen Koreanerin (Kim Minhee) auf der Suche nach ihrem Selbst. Anfangs ist sie nach Hamburg geflohen und dort mit einer anderen Koreanerin stadtbummelnd unterwegs. Später kehrt sie in eine kleinere Stadt am Meer Süd-Koreas zurück und verarbeitet mit Freunden – unter Alkoholeinfluss - ihre Beziehungsprobleme. 

Der Film ist Seelenstriptease pur. Das ist fragil in Szene gesetzt und nicht uninteressant. Wer Handlung braucht, ist mit diesem Film aber wohl nicht gut beraten. 

Trinken, reden, jammern: Eigentlich ist alles wie immer in den Filmen von Hong Sang-soo, nur dass diesmal die egozentrischen Männer fehlen und der Liebeskummer der von Kim Min-hee gespielten Hauptfigur mitten ins Herz trifft“, meint epd-film.


Joe Wright's Film Die dunkelste Stunde handelt von der Einschwörung Englands auf den Krieg, der mit dem Agressor Deutschland ab 1940 zu führen sein wird. Winston Churchill (Gary Oldman) wird zum Premierminister berufen und muss gegen den heftigen Widerstand seiner Gegner im Parlament seinen Kurs festlegen, der in Anbetracht der eingekesselten Armee auf dem französischen Festland dennoch darauf hinaus läuft, keine Kapitulations- und Friedensverhandlungen mit Deutschland zu führen. 

Auch diesen Film kann man durchaus als gelungen bezeichnen; denn einerseits wird gezeigt, dass Churchill ein charismatischer Politiker war, der es verstand, Mehrheiten zu schaffen, andererseits aber auch, dass er ein Mensch war. 

Durch Oldmans intensives Spiel erhält die historische und fast schon ikonische Figur eine zutiefst menschliche Dimension“, meint denn auch fbw-filmbewertung.

Prognose/Wertung: Filme noch mal ansehen? 

Three Billboards Outside Ebbing, Missouri: ja, wahrscheinlich. 
On the Beach at Night Alone: tendenziell eher unwahrscheinlich. 
Die dunkelste Stunde: tendenziell eher unwahrscheinlich.

Sonntag, 4. Februar 2018

Film-Konserven: Verhoeven-Filme

Ich schaute in letzter Zeit noch einmal einige Paul-Verhoven-Filme anläßlich des Umstandes, dass der lange in Deutschland indizierte und nicht erhältliche SF-Film „Starship Troopers“ in 2017 frei gegeben wurde und ungeschnitten auf DVD erschienen ist. Ich stolperte vor einiger Zeit bei Saturn über den Film. 

Der niederländische Regisseur hat ab 1970 ungefähr 18 Kinofilme gedreht, von denen ich sechs im Kino gesehen habe und die ersten 10 ganz bestimmt nicht kenne.

Wikipedia charakterisiert den Stil so: „Weil viele von Verhoevens Filmen Gewalt und Sexualität thematisieren, sind sie Gegenstand heftiger Auseinandersetzungen unter Filmkritikern und in der Öffentlichkeit“. 

Auf die drei 90er-Jahre-Filme, die ich im Folgenden kurz beschreibe, trifft dies in jedem Fall zu. Sie fallen in die Hollywood-Phase des Regisseurs. Hollywood gefiel das aber oft nicht, was der Regisseur dort machte und 1996 heimste er dort die leckere Goldene Himbeere für „Showgirls“ ein. 

Der Science Fiction Total Recall – Die totale Erinnerung (1990) basiert auf einer Story von Philip K. Dick und spielt im Jahr 2084 auf der Erde und dem Mars. Ein typisches Thema von Philip K. Dick, die Hinterfragung der Realität, bildet die Grundlage des Films, denn im Gehirn des Protagonisten wurde herumgepfuscht und seine Erinnerungen scheinen nicht real zu sein, und andere Erinnerungen werden unterdrückt. Arnold Schwarzenegger konnte als Haupt-Protagonist gewonnen werden. 

Der Protagonist gelangt auf den Mars, wo ein Diktator regiert, die Rohstoff-Minen sowie die Sauerstoffversorgung beherrscht und ein wichtiges Geheimnis hütet, während Rebellen gegen ihn kämpfen. 

Dieser Film gewann einige Preise, u.a. wegen seiner Spezialeffekte. Die ungekürzte Fassung war in Deutschland 20 Jahre lang wegen einiger Splatterszenen indiziert.

Auch wenn die Szenerie des Films durchaus beeindruckend ist, kann dies nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Charaktere oft simpel angelegt sind und die Story im Wesentlichen einem simpel gestrickten Action-Drama folgt. 

Basic Instinct (1992) hingegen erschien auf DVD schon immer ungeschnitten. Die amerikanischen Kino-Besucher hingegen wurden damals wahrscheinlich um die spannendsten Szenen betrogen. Ich sah den Film kürzlich zum dritten Mal und meine immer noch, dass es ein Meisterwerk in der Rubrik „erotischer Thriller“ ist, wobei der Film auch als Polizisten-Film eine gute Figur macht, einige rasante Auto-Verfolgungsjagden bietet und der Soundtrack überzeugt. Es ist mit Sicherheit Verhoevens bedeutendster Film. 

Sharon Stone als superreiche Haupt-Protagonistin, die in Verdacht gerät, ihren Liebhaber während des Sexualakts gefesselt und mit einem Eispickel ekstatisch-brutal ermordet zu haben, zumal genau eine solche Szene in einem ihrer Romane vorkommt, erlangte nicht unverdient Weltruhm mit diesem Film; sie wirkt in der Tat sehr provokant und verführerisch. Näheres zu Film und Wirkung: siehe film-welt

Starship Troopers (1997) – wie bereits oben erwähnt – bis 2017 indiziert, ist ein militaristischer Science Fiction, der auf einem fernen Planeten den brutalen Kampf gegen eine agressive Insektenrasse schildert, während auf der Erde, die von den Insekten mit ferngesteuerten Kometen bombardiert wurde, Werbung für den Dienst in der Armee gemacht wird. Der Film basiert auf der gleichnamigen Romanvorlage (1959) des berühmten US-amerikanischen SF-Schriftstellers Robert A. Heinlein. 

Der Film ist extrem bombastisch mit orchestralem Sound inszeniert – und das ist es, was mich heute vor allem stört. 100 Mio. US-Dollar hatte der Regisseur zur Verfügung.


Trick- und animationstechnisch gewann der Film – wahrscheinlich zu Recht - wieder diverse Preise. Die Auto- oder auch LKW-großen Insekten, die mehrfach in großen Scharen angreifen oder angegriffen werden, sind schon beeindruckend.

Splatter-Szenen mit abgetrennten Gliedmaßen etc. gibt es oft. Als quasi-realistisch ist das durchaus in einem Kriegsfilm zu begrüßen. Auch in „Total Recall“ gibt es abgetrennte Gliedmaßen, und man kann sich fragen, ob der Regisseur hier irgendwelche persönlichen Traumata verarbeitet. 

Dem Film fehlt es leider an überzeugenden SchauspielerInnen; dort ziehen College-StudentInnen in den Krieg und benehmen sich – in ihrer Freizeit - häufig auch so. 

Die Frauen steuern die Raumschiffe und nehmen vereinzelt auch in den Bodentruppen an den Kämpfen teil. Gleichberechtigung im Kampf ist also quasi verwirklicht. 

Überhaupt, in diesem Film ist zum Thema „Militaristische SF“ alles gesagt. In der Literatur auch. 

Insgesamt habe ich bezüglich der beiden Verhoeven-SF-Filme den Eindruck, dass es sowohl vorher als auch später bessere SF-Filme gab. Für filmhistorisch Interessierte kann es sich dennoch lohnen, diese über 20 Jahre alten „Schinken“ anzusehen. 

Mittwoch, 24. Januar 2018

Im Kino: Das Milan-Protokoll und andere Filme

Diese drei zuletzt von mir angeschauten Filme slnd relativ komplex inszeniert und vermutlich kann nicht jeder den Geschichten immer folgen. So ging es jedenfalls mir. 

Peter Ott's Film Das Milan-Protokoll spielt in der Grenzregion Irak/Syrien und handelt von einer deutschen Ärztin (Catrin Striebeck), die im irakisch-kurdischen Gebiet tätig ist und zu einem Hilfseinsatz im syrischen IS-Gebiet gerufen wird, um eine verletzte Deutsche zu behandeln. Bei dieser Mission wird sie entführt. Der Film handelt von ihren „Haftbedingungen“, ihrem Freikauf und der Aufarbeitung der Geschehnisse in Rückblenden.

Wer nicht so richtig durchblickt, muss sich keine Sorgen machen, denn die Situation vor Ort war/ist schwer durchschaubar. Insoweit bildet der in sich verschachtelte Film nur die Wirklichkeit ab. 


Durchzogen von Phantasiesequenzen und dokumentarischen Zwischenbildern changiert [der Film] zwischen dem Angebot zum Eintauchen in einen Spionagethriller und der ästhetischen Aufforderung zur distanzierten Betrachtung“, meint indiekino

Für einen deutschen Film ist dieser Film ziemlich spannend gemacht.

François Ozon's Thriller Der andere Liebhaber ist – trotz Katze, die beim Sex zuschauen darf - eine ziemlich artifiziell-kühl inszenierte Dreiecks-Beziehungsgeschichte, die auch mit Horror-Elementen aufwartet. Im Mittelpunkt steht eine junge Frau (Marine Vacth), die wegen ungeklärter Bauchschmerzen den Dienst eines Psychotherapeuten in Anspruch nimmt, der ihr verfällt. Durch Zufall erfährt sie später, dass dessen Zwillingsbruder ebenfalls Psychotherapeut in der Stadt ist.

Sie beginnt auch beim Bruder eine Therapie, die schon sehr bald in eine heftige Sex-Beziehung mündet. Keinem der beiden Brüder erzählt sie von der Beziehung zum jeweils anderen Bruder. Sie versucht vielmehr, die Geheimnisse der Brüder, die sich strikt aus dem Weg gehen, zu ergründen. Logisch, dass es zur Konfrontation kommt. 

Ozon beherrscht das Spiel mit Spiegelungen und Doppelungen nahezu perfekt und scheut auch nicht davor zurück, immer wieder campy und sexy zu sein“, meint kino-zeit. Die Frau fand ich schon bei Ozon's sehenswerten Film „Jung & schön“ (2013) aufregend. Das ist sie (aus meiner Sicht) auch hier, aber ihr Auftreten und die Geschichte wirkten auf mich wie eine spröde verfilmte Versuchsanordnung.


Agnieszka Holland's Film Die Spur ist insbesondere interessant für jene Menschen, die nicht einverstanden sind mit der Jagd und den Tierhaltungsmethoden in Europa und sich insgeheim die Rache der Natur erhoffen (und das sind nicht wenige). 

Die Geschichte spielt in den Bergen Süd-Polens. Im Mittelpunkt steht eine ältere Frau, die einsam in einem Hof in den Bergen wohnt und häufig mit ihren zwei Hunden unterwegs ist. Die Ballerei der Jäger im Winter ist ihr verhasst, außerdem gibt es Wilderer, die mit Fallen jagen, und manchmal findet sie eine Tierleiche in diesen Fallen.

Als eines Tages ihre Hunde weg sind, ist sie psychisch schwer getroffen. 

Sie erstattet öfter mal Anzeige wegen Wilderei oder Mord an einem Wildschwein, das sie gefunden hat. Doch ihre Anzeigen verpuffen wirkungslos bei der örtlichen Polizei. Das Problem ist generell, dass sie praktisch immer ihre Nachbarn anzeigt, die mehr oder weniger alle Jäger sind und sich dadurch nicht gerade beliebt macht. 

Später kommt es dann zu Todesfällen unter den Dorfbewohnern, und sie versucht, der Polizei klar zu machen, dass sich die Tiere nun rächen.

Die Inszenierung ist etwas spröde, aber der Film punktet mit Natur- und Wildtier-Aufnahmen sowie einer glaubwürdigen Darstellung funktionaler Dorf-Beziehungen, in der fast alle Männer mit der Jagd zu tun haben, oft gemeinschaftlich jagen und auch der Priester ihr Tun sanktioniert und das Töten der Tiere verteidigt. 

Der Rezensent bei kino-zeit hat hat mit seinem Schlusssatz allerdings recht: „Schade ist einzig, dass der Film am Ende dann doch der Intelligenz des Zuschauers nicht so ganz vertraut und Erklärungen gibt, die manches offenbaren, was lieber im Nebel der Wälder und unter dem winterlichen Schnee der Berge verborgen geblieben wäre“. Ich bin auch etwas enttäuscht, dass es kein waschechter Mystery-Thriller geworden ist.


Prognose/Wertung: Diese Filme noch einmal ansehen? 

Ich bin da etwas unsicher. Für das Verständnis einiger Szenen könnte es hilfreich sein, aber wenn, dann würde ich die Filme sowieso erst frühestens in 7/8 Jahren noch einmal anschauen. 

Sonntag, 7. Januar 2018

Im Kino: Das Leuchten der Erinnerung und andere Filme

Das Thema „Alzheimer“, hier synonym verwandt für alle ähnlichen Krankheitsbilder, hat in den letzten Jahren zunehmend auch Eingang in das Kino gefunden. „Still Alice“ war in 2015 ein beeindruckender US-Film, in dem Julianne Moore in der Rolle eine Literatur-Professorin sämtliche Vorbereitungen trifft, um am Ende ihre Würde zu wahren und dennoch scheitert. Und auch der israelische Film „Am Ende ein Fest“, der ebenfalls in 2015 lief, sollte erwähnt werden, da er eine ganz andere Herangehensweise an die Thematik hat. 

Das Jahr 2018 startete nun mit Paolo Virzì's Film Das Leuchten der Erinnerung. Ein altes Ehepaar geht hier im Osten der USA auf eine Reise mit dem eigenen, zuvor schon praktisch eingemotteten Wohnmobil. Die Reise soll zu Orten führen, an denen sie früher mal schöne Stunden/Tage verbracht haben. Ziel ist die Südspitze Floridas. Die Frau, schwer krank, möchte ihrem deutlich älteren Mann, der an Alzheimer leidet, diese Orte noch einmal zeigen, um Erinnerung aufzufrischen. Sie hat auch einen Dia-Projektor eingepackt, um ihrem Mann alte Dias open-air auf den Camping-Plätzen zeigen zu können.

Die Kinder sind entsetzt, sie haben vom Reiseplan nichts gewusst und die Mutter lässt sich zwar manchmal telefonisch erreichen, gibt aber ihren Aufenthaltsort nicht Preis. 


“Alzheimer“-Filme im Kino können nur Erfolg haben, wenn sie die Thematik nicht bierernst-depressiv abhandelt, sondern eine berührende, ausgewogene Mischung aus moderater Situationskomik, Fremdschämen und ernsten Tönen/Bildern bieten. Dieser Film schafft das ganz gut, und das ist natürlich auch dem schauspielerischen Können von Donald Sutherland und Helen Mirren zu verdanken. 

Besonders gut gefiel mir auch das Ende des Films. Der Mann konnte es nicht mehr, aber die Frau konnte noch den richtigen Zeitpunkt erkennen und entscheiden, in Würde aus dem Leben zu scheiden. Sie entscheidet für beide. 

Ein wirklich würdiges Sterbe-Szenarium wie in Richard Fleischers berühmten SF-Film „Soylent Green“ (1973) konnte sie allerdings nicht wählen. Dazu ist die amerikanische Gesellschaft – und erst recht die deutsche Gesellschaft - nicht in der Lage, die Voraussetzungen zu schaffen, obgleich es seit Jahrzehnten weder ein finanzielles noch ein technisches Problem ist. Man tritt aus meiner Sicht auf der Stelle, konservative Kräfte, in der Regel unterstützt durch mächtige Lobby-Verbände und Medienarbeit, setzen sich meist durch und verhindern oft jede geistig-technische Entwicklung. 

Spielfilm attestiert dem Film, dass „vor allem der genaue Blick sowohl auf die Probleme, als auch auf die Stärken des Paares beeindruckt“.


Aktan Arym Kubat's Film Die Flügel der Menschen, der ebenfalls kürzlich im Kino anlief, führt uns in ein kirgisisches Dorf. Dort werden mitunter Pferde gestohlen, die oft verkauft werden und verschwinden, mitunter wird ein Pferd aber auch frei gelassen. Nachdem ein wertvolles Rennpferd gestohlen wurde, ist dessen Besitzer, der auch selbstverständlich auch zu den Mächtigen im Dorf gehört, erbost. Die örtliche Polizei nimmt erst einmal einen aus der Vergangenheit bekannten Pferdedieb fest und schlägt ihn zusammen, um ein Geständnis zu erpressen, das aber nicht kommt. Stattdessen wird später eine Falle für den Dieb ersonnen. 

Die Falle schnappt erfolgreich zu. Bedauerlicherweise handelt es sich um einen Verwandten des Besitzers, der mit dem Schicksal der kirgischen Pferde im Allgemeinen hadert und daher ihre Freilassung betreibt. 

Der tendenziell düster-melancholische Film zeigt viel von der Lebensweise in einem Bergdorf Kirgisistans. Es tritt ein Dorf-Gericht zusammen, um den Fall zu verhandeln, und es werden andere Probleme angeschnitten wie die Stellung der Frauen in der Gesellschaft, die Entstehung von Gerüchten in kleinen Dorfgemeinschaften oder das Eindringen islamischer Glaubensvorstellungen. Und der Film zeigt auch eine tolle, aber karge Berglandschaft. Insgesamt gelungen. 

Der Regisseur „vereint subtilen Humor mit Alltagsdokumentation und der Zeit der Mythen, die sein Heimatland Kirgisistan umgeben“, meint kino-zeit

Philippe Lioret's Film Die kanadische Reise erzählt von einem Mann, der vom Tod seines ihm bisher unbekannten Vaters unterrichtet wird und kurzerhand von Frankreich nach Kanada aufbricht, um an der Beerdigung teilzunehmen und seine „neuen“ Verwandten kennenzulernen. Der Empfang ist zunächst etwas kühl, und es zeigt sich, dass dies seine Gründe hat, da seine Halbbrüder untereinander zerstritten sind.

Der Film ist souverän-nüchtern in Szene gesetzt, Handlung und DarstellerInnen wirken authentisch. Aus meiner Sicht gibt die Geschichte jedoch nicht allzu viel her. 

Der Regisseur „erkundet komplizierte Familienbeziehungen nach den Regeln eines Thrillers, der den Zuschauer erst allmählich in seine Mysterien einweiht“, sagt epd-film

Lioret's Filme „Die Frau des Leuchtturmwärters“ (2004) und „Keine Sorge, mir geht's gut“ (2006) gefielen mir jedoch besser. 

Prognose/Wertung: Filme noch mal ansehen? 

Das Leuchten der Erinnerung: ja, vielleicht. 
Die Flügel der Menschen: ja, vielleicht. 
Die kanadische Reise: tendenziell eher unwahrscheinlich. 
 

Samstag, 11. November 2017

Im Kino – Sommerhäuser und andere Filme

Sonja Maria Kröner's Film Sommerhäuser erzählt von einer Familie, die Mitte der 1970er Jahre anläßlich des Todes einer Oma in einem großen Garten zusammenkommt.

Viele Enkelkinder sind auch dabei. Der Garten mit seinen uralten Bäumen, Baumhäusern und Wildnis-Gebieten hat seine Geheimnisse und birgt Gefahren.

Der Film nimmt mal die Persektive der Kinder, mal die der Erwachsenen ein.

Auch wenn die Zusammenkünfte im Garten Konflikte offenbaren, zumal zu entscheiden ist, was nun weiter mit dem Haus und dem Garten geschehen soll, ist es Verdienst der Regisseurin, aus dem Film keine Soap gemacht zu haben. Das natürliche Spiel der DarstellerInnen erinnert vielmehr an einen französischen Film.

Ein stimmiges Familienporträt, eine Choreografie des Kleinkriegs zwischen Geschwistern, Tanten und Schwägerinnen, den ein finaler Schlag abrupt beendet“, meint epd-film.

Tomas Alfredson's Film Schneemann nach einem Roman von Jo Nesbø spielt an diversen norwegischen Orten, die Schauplätze eines Serienmörders sind, der Schneemänner vor/nach der Tat dort gebaut hat. Der Film kommt relativ nüchtern inszeniert daher, wie in Watte gebauscht, und die Psyche des Serienkillers ist doch wohl etwas eindimensional.

Als hätte jemand versucht, die vermeintliche Erfolgsformel skandinavischer Thriller – Winter plus gewaltvolle Morde plus viele Handlungsstränge plus kaputte Hauptfigur – abzuspulen, dabei aber übersehen, dass sich ein guter Film nicht berechnen lässt“, meint kino-zeit. Ja, das ist ganz treffend geurteilt.

Aisling Walsh's Film Maudie erzählt vom Leben der Folk-Art-Künstlerin Maud Lewis, von einer Frau mit rheumatischen Arthritis-Problemen, der in einem kanadischen Küstenort der 1930er Jahre spielt. Von der Bevormundung ihrer Verwandten hat sie bald die Nase voll, zieht aus und als erstbesten Job nimmt sie den einer Haushaltshilfe bei einem mürrischen, analphabetischen und egozentrischen Trödler, Krämer und Fischhändler (Ethan Hawke) an, dessen Haus etwas abgelegen liegt.

Der Mann ist zunächst keineswegs begeistert von ihr und ihrem „malerischen Tun“, weil sie doch im Haus arbeiten soll und achtet zunächst seine Hunde und Hühner mehr.

Aber die Frau (Sally Hawkins) setzt sich durch, und später sieht er ein, dass die naive Malerei, mit der sie gelegentlich auch das Haus „verschandelt“, zusätzliches oder gar mehr Geld einbringt, als seine Arbeit. Sie raufen sich zusammen.

Ein einfühlsamer Film, der vor allem von seinen Hauptdarstellerin lebt. Critic stellt fest: „Eigentlich leben sie einen ziemlich gegenwärtigen Traum vom unabhängigen Mini-Unternehmen, das aus wenig viel macht“.

Prognose/Wertung: Filme noch mal ansehen?

Sommerhäuser: ja, vielleicht.
Schneemann: tendenziell eher unwahrscheinlich.
Maudie: tendenziell eher unwahrscheinlich.

Dienstag, 31. Oktober 2017

Im Kino – What Happened To Monday? und andere Filme

57 Jahre nach der Einführung der Antibabypille und nachdem diese Erfindung im Weltmaßstab völlig unzureichend erfolgreich war (die Bevölkerung stieg von 3,0 auf 7,8 Md. Menschen seither), schaffte es der norwegische Regisseur Tommy Wirkola mit seinem in naher Zukunft angesiedelten und z.T. in Bukarest gedrehten SF-Film What Happened To Monday? mal wieder, das vergessene Thema „Überbevölkerung“ in einem dystopischen Science Fiction anzugehen.

Natürlich, denn niemand traut heute der menschlichen Vernunft der großen Masse der Wähler oder gar dem auf hemmungsloses ewiges Wachstum ausgerichtetem kapitalistischen System, um dieses Problem zu lösen, ist es eine Diktatur, die sich dem Thema annimmt und die Ein-Kind-Politik verkündet. Die dennoch überschüssig geborenen Kinder und Personen sollen zwangseingefroren werden.

Der Film zeigt die Menschenmassen in einer Mega-Metropole und den Überwachungsstaat, der an „1984“ erinnert. Überall Identitätsscanner. Er handelt von Siebenlingen, die der Vater (Willem Dafoe) dem Staat verheimlicht und in der Wohnung heimlich groß zieht. Die Mädchen erhalten die Namen Monday bis Sunday und lernen als eine einzige Person aufzutreten, von der jede einmal die Woche Ausgang hat. Die Lektionen, die der Vater erteilt, können brutal sein, doch ca. 25 Jahre lang geht das gut.

Eines Tages fliegen die jungen Frauen (Noomi Rapace) dennoch auf, als Monday verschwindet und müssen fortan um ihr Leben kämpfen. Sie finden zudem heraus, dass die gefangen gesetzten Personen keineswegs eingefroren, sondern einer Verbrennungskammer zugeführt werden.

Insgesamt ein interessanter, kurzweiliger Film. Qualitative Abstriche wegen zu viel Brutalität und Action in der zweiten Hälfte des Films sind aus meiner Sicht dennoch zu machen.

Und am Ende schreien die Babys in einer Geburtsstation so schrill und so laut, dass die Konsequenz des Weiter-so sich akustisch auf überwältigende Weise präsent macht. Es ist eben wirklich einfach zum Heulen“, meint die faz. Wohl wahr.

Ruben Östlund's Film The Square, angesiedelt in Schwedens Hauptstadt Stockholm, demontiert unsere westliche Gesellschaft. Der Film handelt von einem Museumsdirektor, dem der Kunstbetrieb und sein Privatleben langsam aber sicher aus dem Ruder laufen. Immer spektakulärere Auftritte des Museums sind notwendig, um bei Mäzenen, Presse und Publikum Aufmerksamkeit generieren zu können. Ein Kunstwerk namens „The Square“ spielt dabei eine wichtige Rolle.

Und dann kommt dem Kunstdirektor auch noch bei einer sonderbaren Aktion in der Fußgängerzone sein Portemonnaie abhanden, dass er aber am Computer orten kann. Und die BettlerInnen wollen auch jeden Tag Geld.

Folgt man der zeit, geht es dem Regisseur darum zu zeigen, „wie sich unser Verantwortungsgefühl im öffentlichen Raum verändert“.

Der überlange Film kommt kurzweilig ganz gut über die Runden und das liegt nicht nur an der aus dem Trailer hinlänglich bekannten Gorilla-Szene. In Cannes errang der Film die Goldene Palme.

Denis Villeneuve nimmt sich in seinem Film Blade Runner 2049 mit Ridley Scott's Meisterwerk „Blade Runner“ (1982) einen kultigen Film zur Vorlage seiner düster-dystopischen Zukunftsversion. Die Filme wiederum basieren wiederum auf den Roman „Do Androids Dream of Electric Sheep?“ (1968) des US-amerikanischen Schriftstellers Philip K. Dick. Ich kenne den Roman nicht, wie ich überhaupt nur relativ wenig von dem Autor kenne. Die Bücher sind alt, und ich traue der Übersetzungsqualität nicht so recht, außerdem muss man mit Kürzungen im Romantext rechnen - daran liegt es wohl.

Erzählt wird im Film von einem Blade Runner, einem Jäger, der Jagd auf nahezu menschliche Androiden macht. Die Stadt, zyklopisch groß, ausfransend in Ruinen und Ödland. Bewohnt erscheint die Stadt im Film kaum, es gibt auch kaum Verkehr. In den Ruinen leben jedoch Menschen.

Und ist die Neuverfilmung nun besser? Ich habe Zweifel, allerdings ist es um die 10 Jahre her, dass ich zuletzt meine Blade-Runner-DVD sah. Zu denken gibt mir aber, dass die 163 min. lange Neuverfilmung sich gefühlsmäßig lang hinzog, es gibt auch viele lange Einstellungen, und erst in der letzten halben Stunde gewinnt der Film wirklich an Fahrt.

Visuell gibt es so Einiges zu sehen. Ruinenfelder, Mülltransporter. Der Blade Runner hat eine digitale Freundin, nach seinen Wünschen gestaltet, die durch seine Wohnung schreitet. In einer schönen Szene synchronisiert sie sich mit einer echten Frau, um attraktiver zu werden.

Wer Projektion, Android oder echter Mensch ist, bleibt etwas verschwommen. Das ist aber nicht schlecht, denn Auseinandersetzungen mit der Frage nach dem Wesen der Realität, sind ein Kernanliegen in Dick's Romanen gewesen.

Mehrfilm meint, „nur selten gelingt es der Fortsetzung von Villeneuve, trotz einer generell bedrückenden Atmosphäre, die melancholische und einsame Stimmung von „Blade Runner“ ... einzufangen“. Das trifft es ganz gut.

Prognose/Wertung: Filme noch mal ansehen?

What Happened To Monday?: ja, vielleicht.
The Square: ja, vielleicht.
Blade Runner 2049: tendenziell nicht ganz ausgeschlossen.

Sonntag, 22. Oktober 2017

Im Kino – The Wailing und andere Filme

Na Hong-jin's Film The Wailing – Die Besessenen spielt in einem kleineren Ort in den Bergen Süd-Koreas. Zwei mäßig talentierte Polizisten, die gewöhnlich nur mit kleineren Fällen zu tun haben, sind völlig überfordert, als Leute anfangen durchzudrehen, ein zombieartiges Verhalten zeigen und ihre Familienmitglieder ermorden.

Man bringt die Situation sehr bald mit einem Japaner in Zusammenhang, der nahebei in den Bergen in einem schwer zugänglichen Haus wohnt. Man findet dort seltsame kultige Gegenstände und Photos von den Toten, kann den Japaner aber nicht dingfest machen.

Weitere Morde geschehen, auch die kleine Tochter des einen Polizisten zeigt seltsames Verhalten und Anzeichen von Besessenheit. Ein Schamane wird engagiert, um Schlimmeres abzuwenden. Es kommt zu exorzistischen Ritualen mit Tieropfern etc. Auch der Japaner, versteckt in einer Höhle, bemüht Beschwörungen und Rituale. Der Showdown ist blutig.

Der Film besticht durch überzeugende Schauspieler (Koreaner mit schreckgeweiteten Augen machen sich ganz gut), eigentümliche Dialoge und eine fremdartig-düstere Atmosphäre, wozu mitunter auch die heftigen Gewitter mit strömenden Regen beitragen. Die Schauplätze sind „eine Schlachtplatte“ (wie man sie z.B. aus „Sieben“ kennt), Gewaltexzesse sieht man dagegen kaum im Film.

Einer der besten Horrorfilme Koreas, da er mit seiner verstörenden Atmosphäre einen durchgängig gruseligen Unterton beibehält“, meint asianmovieweb.

Michael Haneke erzählt in seinem überwiegend in Calais spielenden Familiendrama Happy End von einer Bauunternehmerin (Isabelle Huppert) und ihrem Familienclan. Ein Mädchen kommt in dieses große Haus am Meer, nachdem ihre geschiedene Mutter mal wieder einen Freitodversuch gestartet hatte. Glücklich ist sie in dieser fremden Stadt nicht und startet ebenfalls einen Freitodversuch – mit den Tabletten ihrer Mutter, deren Wirksamkeit sie vorher am Hamster getestet hat.

Auch der greise, mit Alzheimer kämpfende Senior der Familie ist wiederholten Freitodversuchen nicht abgeneigt.

Der Regisseur „seziert mit fast schon brutaler Präzision die Lebenslügen der großbürgerlichen Bourgeoisie und blickt mit manchmal beinahe voyeuristischem Interesse hinter die polierten Fassaden der Wohlanständigkeit“, sagt kino-zeit.

Viel Neues bzw. Besonderes erzählt der bei deutschen Filmkritikern beliebte Regisseur nach meiner Meinung allerdings nicht in seinem tendenziell eher unterkühlt wirkendem Drama.

Andrés Muschietti's Horrorfilm Es nach einem berühmten Roman von Stephen King aus dem Jahr 1986 (ein dicker Wälzer von weit über 1.000 Seiten, den ich nie gelesen habe), spielt in einer biederen US-amerikanischen Kleinstadt, in der – nicht ungewöhnlich für Stephen King – das Grauen unter der Fassade der angeblich gutbürgerlichen Einwohnerschaft lauert. Eine Clique Kinder weiss, dass etwas nicht stimmt, denn der kleine Bruder eines Jungen verschwand vor Jahren spurlos.

Und eine Recherche eines anderen Jungen ergab, dass merkwürdig viele Personen in der Stadt verschwunden sind – und zwar meist Kinder, gehäuft in unregelmäßigen Abständen von mehreren Jahrzehnten.

Die Jungen und das eine Mädchen der Clique, die auch mit Mobbing, Gewalt und verständnislosen Eltern zu tun haben, recherchieren weiter. Sie haben bisweilen gräßliche Visionen (die im Film gezeigt werden) und stoßen bald auf das alte, verrammelte Brunnenhaus in der Stadt, wo die gesamte Kanalisation zusammenläuft. Und es soll sich erweisen, dass dort tatsächlich das Böse haust.

Der Film beginnt mit einer exzellenten Eingangssequenz, in der gezeigt wird, wie der verschwundene jüngere Bruder des einen Jungen von einem Clown-artigen Wesen in die Rinnstein-Kanalisation gezogen wird (und nur die Katze ist Zeuge dieses Geschehens). Auch das Brunnenhaus überzeugt als unheimlicher Schauplatz.

Wenn der Film mir dennoch insgesamt nicht wirklich zugesagt hat, so liegt das an der speziellen Mischung aus Kinder- und Horrorfilm mit unsäglichen Problemthemen wie Mobbing und Kindesmißbrauch sowie tumben Eltern. Es ist aber wahrscheinlich, dass dies auch spezielle Themen des Romans sind.

Die Kinder als SchauspielerInnen sind nicht schlecht, jedoch sollte man nicht zu viel von den Dialogen erwarten. Ansonsten hat der Film relativ brutale Szenen, kommt aber zu einem passablen Ende, wenn man bedenkt, dass noch ein zweiter Teil kommen wird.

Die Kritiken zum Film sind überwiegend ganz gut, so meint der musikexpress, es sei „eine der besten Verfilmungen seiner Bücher“.

Prognose/Wertung: Filme noch mal ansehen?

The Wailing – Die Besessenen: ja, vielleicht.
Happy End: tendenziell eher unwahrscheinlich.
Es: möglicherweise.

Sonntag, 15. Oktober 2017

Im Kino – Die Nile Hilton Affäre und andere Filme

In Tarik Saleh's Kairo-Polizeidrama Die Nile Hilton Affäre muss ein Polizist im Offiziersrang, der auch nur durch Beziehungen an seinen Job gekommen ist, erkennen, wie korrupt und verkommen das ganze System ist. Als eine bekannte Sängerin in einem renommierten Hotel ermordet wird, wird er zwar zunächst mit Ermittlungen beauftragt, doch diese werden schnell eingestellt und der (absurde) Selbstmord der Frau festgestellt. Doch der Polizist hat eine Spur und ermittelt weiter.

Es wird dann jedoch sehr bald gefährlich für ihn und alle anderen, die Zeugen des Mordes gewesen sein könnten.

Der Film ist sehr spannend gemacht, wirkt authentisch und führt durch ein düsteres, übervölkertes und schmutziges Kairo, in dem die Korruption und Vetternwirtschaft alle Schichten der Gesellschaft und insbesondere die Behörden und hier den Polizeiapparat bis unter die Kopfhaut erfasst hat. Das sieht man selten so plastisch im Kino. Unliebsame Personen und Zeugen werden im Zweifelsfall durch bezahlte Killer ausgeschaltet.

Die eigene Ohnmacht und Verstrickung in ein Unrechtssystem zu erkennen ist die bitterste Pille, die er [der Polizist] auf seiner Odyssee schlucken muss; eine Erkenntnis, die auch den Zuschauer mit Wucht trifft. So hart diese Lektion ist: Tarik Saleh vermittelt sie so spannend, dass man nicht wegsehen kann,“ kommentiert die stuttgarter-zeitung.

Von Emir Kusturica hatte ich schon seit knapp 20 Jahren keinen Film mehr im Kino gesehen. Sein neuer Film On The Milky Road ist wahrscheinlich ein typischer Kusturica-Film mit boshaft-bizarren Szenen. Es kommen ziemlich viel Tiere und viel karstige Landschaft im Film vor. Das macht den Film visuell schon mal ganz ansprechend. Ansonsten handelt der Film von einem Michmann, der – von Kusturica selbst gespielt - auf einem Esel durch die von Bürgerkriegswirren beeinträchtigte Gegend reitet.

Es kracht schon mal häufiger. Als das Dorf dann einem Massaker zum Opfer fällt, können der Milchmann und seine falsche Braut, die er einem Warlord abspenstig gemacht hat, zwar fliehen, aber als Zeugen des Geschehens werden sie verfolgt. Das finstere Spiel endet dann später in einer Schafherde, in der sie sich kriechend vor den marodierenden Soldaten verstecken. Das funktioniert zunächst ganz gut, doch die Schafherde läuft in ein Minenfeld.

Kurzweilig ist der Fim im Ergebnis schon, aber so richtig mitfühlen konnte ich mit den Figuren nicht, so dass ich annehme, dass der Film in der Ausarbeitung der Charaktere und in der Figurenzeichnung Schwächen aufweist. Cineman meint, dass „die Fans wohl die sonst so typische Balance zwischen Hysterie und Fantasie vermissen“ werden.

Jacques Doillon's Film Auguste Rodin widmet sich dem Schaffen und den Frauenbeziehungen des französischen Bildhauers, mit dem das Zeitalter der modernen Plastik und Skulptur begann. Der Film beginnt etwa 1885, kurz nachdem Rodin (gut gespielt von Vincent Lindon) seine Schülerin und baldige Geliebte Camille Claudel (Izïa Higelin) ins Atelier aufgenommen hatte. Über sie hat Bruno Nuytten 1988 schon einen Film gemacht.

10 Jahre dauerte ihre Beziehung, die auch im neuen Film, der fast nur in Ateliers spielt, eine zentrale Rolle spielt. Indes, der Künstler benötigt noch andere schöne Frauen, die ihm in allem möglichen Posen nackt Modell stehen.

Nach critic wird Rodin als „Schürzenjäger, dem alles zufliegt, der die Frauen benutzt und der zwar irgendwie schon nett, aber auch feige und ziellos erscheint“, dargestellt.

Nackte Frauen, Bildhauerei hin und her, alles hübsch anzusehen, der Film hat dennoch so seine etwas ermüdenden Längen.

Prognose/Wertung: Filme noch mal ansehen?

Die Nile Hilton Affäre: ja, vielleicht.
On The Milky Road: tendenziell eher unwahrscheinlich.
Auguste Rodin: tendenziell eher unwahrscheinlich.

Donnerstag, 28. September 2017

Im Kino – Mr. Long und andere Filme

Der Film Mr. Long des japanischen Regisseurs Sabu ist einer von jener Sorte, in der die Spannbreite zwischen emotional berührenden Szenen und großer Brutalität und Tragik sehr groß ist. Erzählt wird von einem taiwanesischen Killer, der sich nach einem verpatzten Auftrag in Japan erheblich verletzt in eine verfallene Siedlung einer kleineren japanischen Stadt retten kann. Dort entdeckt ihn ein Junge, der ihm nach und nach Wasser, Medikamente und Verbandszeug und Sachen zum Essen bringt.

Doch das Gemüse ist roh und so sucht sich der Mann in einer der verlassenen Wohnungen eine Kochnische, um die Sachen aufzubereiten. Einige JapanerInnen entdecken seine Kochkünste und laden ihn ein. Später wird ihm eine schiebbare mobile Küche quasi aufgedrängt, mit der er zu geeigneten Orten in der Stadt aufbrechen kann, um Nudelessen zu kochen und zu verkaufen. Der Junge zieht mit ihm los und hilft in der Kleinküche.

Später hilft auch die Mutter des Jungen mit, aber zuvor muss er sie von ihrer Heroinsucht zwangsbefreien – logisch, auf die brutale Tour mit eiskaltem Bad und tagelanger Fesselung.

Sie beginnen eine zarte Beziehung, doch die Frau kommt bald zu Tode, als sie von ihrem Dealer entdeckt wird. Der Killer/Koch muss realisieren, dass auch er „entdeckt“ wurde von der mafiösen Bande, deren Chef er töten sollte. Sie zerstören seine mobile Küche und schlagen die NachbarInnen, die das verhindern wollen. Es kommt zu einem Showdown, eine japanische Italo-Western-Variante, die weitgehend mit Messern ausgetragen wird. Mit großen Augen schauen die NachbarInnen zu, wozu der Koch fähig ist.

Ein beeindruckender Film, der auch viel vom Leben und den Sitten in einer kleinen japanischen Stadt zeigt.

Mr. Long folgt einer aufgezwungenen, perfektionierten Routine, die keinen Raum lässt für Gefühle von Triumph oder Rache - nur für die Angst: die Angst, dass ein kleiner Junge sich den Schirm seiner Mütze hochgezogen und all diese Grausigkeiten mitangesehen haben könnte“, sagt der spiegel.

ldikó Enyedi's ungarischer, in mancher Hinsicht beeindruckender Film Körper und Seele spielt überwiegend auf einem Schlachthofgelände. Hier arbeiten auch Frauen. Eine davon, von grazil-zerbrechlicher Schönheit, ist neu eingestellt als Lebensmittelkontrolleurin. Ihr merkwürdig steifes, klinisch akkurates Auftreten, das sie auch zu Hause zelebriert, bringt sie bald in eine Außenseiterposition. Wenig später werden Potenzmittel (für die Stiere) aus dem Medikamentenschrank gestohlen und im dortigen Raum randaliert, meist sind es Schmierereien.

Die Polizei wird eingeschaltet und diese beauftragt mit Einverständnis des Chefs eine Psychologin, die die gesamte Belegschaft des Schlachthofs untersuchen soll. Diese ist attraktiv. Speziell die Schlachter, sowieso testosterongesteuert, sind irritiert von diesen beiden Frauen. Die Psychologin beginnt ganz cool die Einzelgespräche mit dem Personal, alle Gespräche werden mit Recorder aufgenommen. Auch der Chef, der sie anzüglich anguckt hatte, ist dran. Ihre erste Frage lautet: „Wann hatten Sie Ihren ersten Samenerguss?“. Er, wie auch alle anderen, versuchen erst einmal empört und verlegen drumherumzureden.

Später werden alle nach ihrem letzten Traum gefragt. Der Chef erzählt, er sei ein Hirsch gewesen und hätte gemacht, was Hirsche eben so machen im Wald. Der Film zeigt, was die Hirsche da machen. Die Lebensmittelkontrolleurin erzählt, sie sei eine Hirschkuh gewesen und inhaltlich ungefähr dasselbe wie der Mann. Die Psychologin ist erst irritiert, dann empört. Sie spielt später den beiden die aufgenommenen Protokolle vor.

Später kommen sich Chef und Lebensmittelkontrolleurin näher, wollen zu Hause auch „zusammen einschlafen“. Die Psychologin überführt den Täter.

Ein gelungener Film, man kann verstehen, dass er den Goldenen Bären in Berlin gewonnen hat. Aber, man muss Blut sehen können, sehr viel Blut – und nicht nur, wenn den Rindern im Schlachthof der Kopf vom Leib getrennt wird.

Die Regisseurin „erzählt in vielen Großaufnahmen, fängt im Detail ein, was den Alltag der Menschen bestimmt, aber auch das Besondere. Das sind nicht immer schöne Bilder, aber doch gute“, meint kino-zeit.

James Ponsoldt's Film The Circle erzählt als Anti-Utopie nach einem Bestseller-Roman von Dave Eggers von der nahen Zukunft der Social-Media-Welt, von einem Konzern, bei dessen Darstellung des Arbeitsumfeldes man an Google denkt, der aber noch größer ist und erreichen will, dass alle ihr ganzes Leben aufzeichnen und der Community zur Verfügung stellen - und immer möglichst auch nur für diese Community da sind.

Eine junge Frau (Emma Watson, die wohl jeder kennt), die gerade dort angefangen hat zu arbeiten, ist bei der Verwirklichung der Konzernziele ihr Versuchskaninchen, nachdem ihr Vater medizinische Hilfe vom Konzern erhalten hat. Kleine, murmelgroße Kameras, die getragen werden und auch überall vom Konzern platziert werden können, zeichnen die Aktivitäten auf – wie auch Armbänder sämtliche Körperdaten.

Sie zeichnet alles auf. Doch als die Eltern sich von der Tochter abwenden und bald auch einer ihrer Freunde ums Leben kommt, während er vor Kameras mit dem Auto zu flüchten versucht, wendet sich die junge Frau medienwirksam gegen den Konzern.

Filmtechnisch ist das alles ein bisschen naiv-geradlinig erzählt, aber die Botschaft, dass diese Internet-Transparenz Gefahren birgt und auch sozialen Druck auf jene ausüben kann, die sich ihr nicht bedienen, kommt an. Und die vermeintlich sagenhaften Arbeitsbedingungen in der Konzern-Welt werden auch visuell ansprechend in Szene gesetzt.

Ich hatte den Eindruck, dass der Film einige Jahre zu spät dran ist, um wirklich noch großen Erfolg zu haben, denn das, was dort als Zielsetzungen des Konzerns gezeigt wird, ist zumindest hierzulande durch Gesetze und Rechtssprechung mittlerweile quasi verboten worden. Zwar kann jeder seine eigenen Daten ins Netz stellen, aber wenn Bilder gezeigt werden von fremden Personen oder privaten Grundstücken kann es gefährlich für die eigene Geldbörse werden – egal, ob sie mit Kamera, Videorecorder oder Drohne gemacht wurden. Aber gut, Gesetze können natürlich auch wieder geändert werden.

Die faz fragt, ob der Film nicht etwas dunklere Töne verdient hätte und eine Filmsprache, in der ein Schrecken wohnt. Auch das kann man so sehen, muss es aber nicht.

Prognose/Wertung: Filme noch mal ansehen?

Mr. Long: ja, wahrscheinlich.
Körper und Seele: ja, wahrscheinlich.
The Circle: das ist nicht gänzlich ausgeschlossen.

Sonntag, 17. September 2017

Filmkonserven: Filme von Michelangelo Antonioni

Der italienische Filmregisseur Michelangelo Antonioni starb bereits in 2007. Am aktivsten war er in den 1950er und -60er Jahren. Der Film „BlowUp“ gilt lt. wikipedia als sein bekanntester Film. Drei DVD's aus meinem Bestand habe ich schon vor 8 – 10 Jahren mal angeguckt.

In seinem Film Liebe 1962 (1962) gibt es schon etwas, was auch die späteren Filme haben: Ziellosigkeit. In diesem Fall ist es die Frau (Monica Vitti), die ziemlich planlos durchs Leben streift und sich fragt, ob sie sich – nachdem sie sich gerade von ihrem langweiligen Partner getrennt hat - wohl wieder verlieben sollte, z.B. in den Börsenmakler (Alain Delon). Den trifft sie öfter, da auch ihre Mutter der Spielsucht an der Börse nachgeht. Die hektischen Szenen von der Börse (und die urtümlichen Telefone) sind wohl das Interessanteste an dem ansonsten gemächlich-betulichen Film.

Deutlich interessanter ist aus meiner Sicht dann Die rote Wüste (1964). Monica Vitti spielt die gelangweilte, diesmal nach einem Unfall allerdings auch psychisch angeschlagene Ehefrau. Mal ist sie mit ihrem Mann, einem Ingenieur unterwegs, mal mit dessen Kollegen, aber am eindruckvollsten sind die Szenen, die in einer kleinen heruntergekommenen Fischerhütte spielen, wo sie zu sechst essen, trinken, kuscheln (3 Männer, 3 Frauen). Beeindrucken kann sowieso vor allem die industriell-apokalyptisch in Szene gesetzte Hafenkulisse mit ihrer Umweltverschmutzung, in der die meisten Szenen dieses Film spielen.

Ravenna war hier der Drehort. Über 50 Jahre später, wäre es heute bestimmt interessant, nach diesen Drehorten zu suchen (falls sich diese aus den Aufzeichnungen überhaupt rekonstruieren lassen). Der Film gewann damals den Goldenen Löwen in Venedig.

Sein Film BlowUp (1966) handelt von einem gut situierten Modereporter in London, der eines Tages in einem Park Aufnahmen von einem Liebespaar macht, aber von der Frau (Vanessa Redgrave) entdeckt wird und vehement um Herausgabe des Films gebeten wird. Er täuscht die Frau zunächst und gibt ihr eine falsche Filmrolle. Nach Entwicklung des Films schaut er sich die Bilder genauer an und entdeckt in Detail-Vergrößerungen ein Zielfernrohr und eine Leiche.

Nachts traut er sich in den Park und überzeugt sich davon, dass da eine Leiche liegt. Doch bevor er sich weiteren Schritten durchringen kann, verschwindet die Leiche und die Bilder werden bei einem Einbruch aus seinem Labor entwendet.

Das ist ein visuell schöner Film mit vielen alten Autos aus dem London der 1960er Jahre, altem Photographen-Handwerk, spannender Geschichte und netten Sixties-Mädels, die sich auch schon mal ausziehen mussten (um die Rolle zu bekommen). In Cannes gewann der Film den Grand Prix.

Sein Film Zabriskie Point (1970) spielt in Los Angeles und der weitläufigeren Umgebung. Anfangs fängt der Film sehr schön die Studentenunruhen und Debatten an der Uni ein. Einer der radikalen Studenten stiehlt ein kleines Flugzeug und fliegt über die Wüste Richtung Zabriskie Point, ein Aussichtspunkt im Death-Valley-Nationalpark. Unterwegs provoziert er mit seinem Flieger eine unten im Auto dahinfahrende junge Frau.

In der Erosionslandschaft des Zabriskie Point kommen sie sich näher, machen Liebe und rauchen einen Joint, malen das Flugzeug psychedelisch bunt an, bevor sie sich wieder trennen. Der Mann fliegt zurück zum Flugplatz und wird dort erschossen, die Frau fährt weiter zu einem Spekulanten-Treffen in einem noblen Wüstenressort, hört im Radio von seinem Tod und hat Hass-Visionen, in denen dieses noble Wüstenressort zu der Musik Pink Floyds explodiert.

Die ausgedehnten psychedelischen Liebesszenen am Zabriskie Point und von der Ressort-Zerstörung wirken heute überlang, vom Zeitgeist überholt und etwas sperrig im Filmfluss. Aber zumindest anfangs gibt es nette Stadtszenen aus Los Angeles 47 Jahre vor heute.

An den Film Beruf: Reporter (1975) konnte ich mich überhaupt nicht mehr erinnern, dabei ist er recht hübsch anzusehen – vor allem wegen seiner Spanien-Aufnahmen. Der Film beginnt allerdings im Tschad (diese Aufnahmen wurden in Algerien gedreht), wo ein Reporter (Jack Nicholson) einem dubiosen Wüstenkrieg auf der Spur ist und im Hotel einen Landsmann tot in seinem Zimmer auffindet. Er versucht daraufhin, dessen Identität anzunehmen. Hierzu dient ihm auch der hinterlassene Terminkalender, der diverse Termine in der Zukunft anzeigt.

Sozusagen als Waffenhändler kommt er mit dubiosen Leuten in München zusammen und erhält viel Geld. Er leiht ein Auto und macht sich auf nach Barcelona. Dort lernt er eine junge Frau (Maria Schneider) in einem Gaudí-Haus kennen, die ihm fortan nicht von der Seite weicht und ihm hilft, Verfolger abzuschütteln. Sie tingeln durch verschiedene Orte und Hotels gehobenen Ambientes, doch Agenten aus dem Tschad sind ihnen auf der Spur.

Das Leben wirkt angenehm relaxed in diesem Film, von durchgeplanter Zukunft keine Spur – ein Film, der mir ziemlich gut gefällt.

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