Wanderung um Stolberg
Auf der TK “Stolberg”, eine Stadt am Nordrand der Eifel, war ich noch nie wandern, vor allem weil ich nicht mit dem Jobticket zur Bahnstation komme. Außerdem ist der Bahnhof von Stolberg am Nordrand des Kartenblattes auch der einzige Ort, den man mit der Bahn erreichen kann. Dennoch ist es ein interessantes Kartenblatt.
>Alte Industrieruinen nahe dem Bahnhof von Stolberg<
Stolberg selbst ist eine altindustrielle Stadt, die Ende des 19. Jahrhunderts Europas größte Blei-Produktionsstätte war. Den Industriezweig gibt es auch noch heute - er soll mittlerweile die einzige Blei-Produktionsstätte Deutschlands sein. Es gibt auch ansonsten noch große, oft metallverarbeitende Industrie, manche in Betrieb, andere aufgegeben und umgenutzt. Früher war es ungesund, in und um Stolberg zu wohnen, mitunter fielen die Kühe tot um. Heute ist es zweifellos besser, da viel saniert, rekultiviert und stillgelegt wurde. Über den durchaus interessanten obigen Wiki-Stolberg-Link könnt ihr mehr über die Geschichte der Stadt erfahren.
Die Kernzone der Stadt folgt über ca. 5 km dem Vichtbachtal. Das Flüßchen grub sich hier in einer geologischen Schwächezone (Verwerfung) sein Tal.
Am Nordrand der Stadt liegt der Bahnhof. Wenn man in Richtung Südwest geht, kann man Stolberg im Inde-Tal westlich umgehen. Obwohl die Inde infolge der Jahrtausende währenden Bergbauaktivitäten hier wohl immer noch stark verschmutzt ist, ist das Inde-Tal Natur- und Landschaftsschutzgebiet. Relativ sumpfig und zugewachsen ist es anfangs, aber südlich von Münsterbusch wird die Aue offener.
>Oben/unten: In der Inde-Aue zwischen Münsterbusch und Haumühle<
Alte Weiden und Pappeln säumen manchmal den Weg, häufig auch mit Sturmschäden. Blindschleichen gibt es hier auch - ich sah eine junge Leiche, vermutlich von einem Radfahrer überfahren.
Ansonsten waren viele Spaziergänger mit Hunden unterwegs. Fleischfresser. Wenn Frauchen sie nicht genug füttert, schauen sie einen an, als würden sie notfalls auch einen Kölner Touristen nicht verschmähen. Mit einem Stock im Maul rennen sie auf einen zu, schmeissen einen den Stock vor die Füße und ich denke, o ja, jetzt hat das Tier was Besseres gefunden als diese Oberschenkelknochenattrappe.
Ich ging weiter bis zur Bocksmühle, querte dann die inzwischen zugebaute Fläche zwischen Inde- und Vichtbachtal (Liester), lief zwischen den zwei großen Industriekomplexen von Dalli und PryMetall durch und dann ging's die 4 - 5 km am Vichtbach quer durch Stolberg zurück zum Bahnhof.
>Burg Stolberg<
Oberstolberg ist das alte Zentrum. Hier gibt es auch eine große Burg auf einem Kalksteinfelsen. Man kann von dort auf die Industriekomplexe im Süden gucken, aber das eigentlich Interessante ist das kleine, von einem Verein betriebene Museum in der Burg.
>Museumsplan, Burg Stolberg<
Das Museum ist vollgestopft mit alten Handwerkssachen und geologischen Exponaten (Erze, Fossilien, alte Karten ehemaliger Bergwerke der Umgebung).
>Großer Blasebalg, alte Metallwerkzeuge, Museum Burg Stolberg<
Das Museum betreibt auch eine Kaffeerösterei mit einem uralten Gerät, das jeweils am letzten Sonntag im Monat auch für die Gäste betrieben wird.
>Die Probat-Kaffeeröstmaschine>
Man kann dem Link zur Firmengeschichte entnehmen, dass die Maschine frühestens von 1920 sein kann.
Es war nicht der letzte Sonntag, aber es gab den leckeren Kaffee und selbstgebackenen Kuchen. Man sitzt dann dort zwischen Dutzenden von alten Kaffeemühlen und anderen Utensilien in einer Art Küche - wirklich nett und empfehlenswert.
Das Umfeld der Burg zum Vichtbach hin ist auch ganz nett. Gut restaurierte alte Häuser, die aus den nahebei anstehenden Kalksteinen gebaut sind, nette, mitunter romantische Szenerien am Vichtbach, der von vielen kleineren Brücken überspannt wird, relativ viel Gastronomie.
>Haus in Oberstolberg<
>Rotkehlchen in Stolberg<
Wenn man weiter talabwärts geht, kommt man zum zweiten Zentrum Unterstolberg. Auch hier einige interessante alte Gebäude, z.B. das Amtsgericht.
>Unterstolberg, Zentrum<
Vorbei an den großen Fabrikhallen von Saint Gobain ging ich dann zurück zum Bahnhof.
Ich glaube, ich muss die Lokalitäten um Stolberg noch etwas genauer erforschen.
Die Kühe fielen tot um...
Schönes Bild auch von dem riesigen Blasebalg.
Blei
Die Nutzung musste ich selbst erst mal nachforschen.
50 % des gewonnenen Bleis soll in Akkumulatoren und Batterien gehen, insbesondere auch Autobatterien. Ansonsten gibt es zahlreiche Anwendungen im Bereich Apparatebau, Strahlenschutz, Elektrotechnik, Munitionsherstellung etc.
Die weltweite Blei-Produktion scheint seit ca. 1980 zwar rückläufig zu sein, liegt aber immer noch bei ca. 2.5 Mio t/Jahr - und damit höher als 1960.
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