Im Kino – Still Alice und andere Filme
Richard Glatzer & Wash Westmoreland's Film Still Alice nach einem Roman von Lisa Genova ist mal wieder so ein emotional erschütternder Alzheimer-Film. Im Mittelpunkt steht eine Literaturprofessorin, die im Alter von ca. 50 Jahren zunehmend mentale Aussetzer bekommt, zum Arzt geht und dann bald mit der niederschmetternden Diagnose erblich bedingten Alzheimers konfrontiert wird. Danach versucht sie, Vorbereitungen zu treffen und in Harmonie mit Ehemann und ihren Kindern ihr Leben zu regeln.
Doch ihr Geist erlischt immer mehr – und schließlich verpasst sie auch den Zeitpunkt, ihren selbst gedrehten Videofilm über die versteckte Tablettendose als Anleitung zum Freitod noch zu verstehen, obwohl sie die Datei zufällig auf ihrem Laptop wiederfindet.
„Es spricht einiges dafür, Julianne Moore die derzeit beste Schauspielerin Hollywoods zu nennen“, meint gamona. Das könnte sein, und es ist ein ziemlich guter Film, aber will ich ihn noch einmal sehen?
Eric Toledano & Olivier Nakache's Film Heute bin ich Samba nach einer Romanvorlage von Delphine Coulin erzählt von einem Senegalesen in Paris und seiner Flüchtlingshelferin (Charlotte Gainsbourg), die nach einem Burn Out vorübergehend in der Hilfe-Organisation arbeitet. Weil nach 10 Jahren Frankreich-Aufenthalt und eine unglückliche Verquickung von Umständen die Abschiebung droht, spitzen sich die Ereignisse zu, zumal beide ein scheues Liebesverhältnis beginnen.
Der Film hat einige starke Szenen und Dialoge mit Charme, doch die Tendenz, ethno-komödiantische Inhalte unterzubringen, kann man ihm auch nicht absprechen (Heile-Welt- Ethno-Komödien nerven mich einfach nur). Frau Gainsbourg kann aber die meisten Filme retten.
Der Film „hält wohltemperiert die Balance zwischen Sozialstudie mit ernstem Hintergrund und pointenseliger Charakterkomödie, hütet sich allerdings peinlich davor, an Orte vorzustoßen, an denen es wirklich wehtun könnte“, meint mehrfilm treffend.
Andreas Dresen's Film Als wir träumten – nach einem im Jahr 2006 erschienenen Roman von Clemens Meyer - spielt um 1991 in Leipzig, also kurz nach der „Wende“. Im Mittelpunkt steht eine Clique Jugendlicher, die im kleinbürgerlichen Milieu aufgewachsen und im kleinkriminellen Milieu zu Hause ist. Sie stehlen, randalieren, saufen, nehmen Drogen und haben handgreifliche Auseinandersetzungen mit Neronazis, die ihre Ruinen-Technodisco übernehmen wollen.
Erzählt wird dies aus heutiger Sicht, nachdem sich einer der Freunde gerade den Goldenen Schuss gesetzt hat. Eingeflochten sind spröde Erinnerungen an die Schulzeit einige Jahre vor der Wende.
Es ist eine ziemlich finstere, überwiegend destruktiv veranlagte Jugendzeit von Verlierertypen, von der der Regisseur hier erzählt. Auch mit den Frauen läuft hier nicht viel.
„Der Wunsch, aufzubrechen, scheitert an der Frage, wohin“, meint critic.
Aus meiner Sicht fehlt es dem Film an Magie und Atmosphäre, und die zur Schau gestellte Destruktivität aller Protagonisten störte mich, aber die Locations sind gut gewählt.
Prognose/Wertung: Filme noch mal ansehen?
Still Alice: tendenziell eher unwahrscheinlich.
Heute bin ich Samba: tendenziell eher unwahrscheinlich.
Als wir träumten: tendenziell eher unwahrscheinlich.
Hallo Treibgut :-)
Neben mir saß eine Frau, die fast die ganze Zeit geheult hat. :-/
Das Krankheitsbild gleicht dem meiner dementen Schwiegermutter. Der Unterschied liegt wohl darin, dass ihre Demenz vom Alter her später ausbrach, nicht so schnell voranschritt und die Ursache wohl eine andere ist.
Grüßli :-)
Danke für meine Gesundheit.
Still Alice
Still Alice
Bei meiner Mutter (77) zeigt sich seit über einem Jahr vermehrt Vergesslichkeit, bei meiner Oma (94 - die Mutter meiner Mutter) ist es letzte Woche ganz plötzlich eingetreten. Bis jetzt war die Oma geistig erstaunlich fit, das war für mich so schwer zu ertragen, dass die Oma gesund ist und meine Mutter nicht. Meine Mutter leidet schon ihr ganzes Leben lang unter dem Charakter meiner Oma (ich auch).
Jetzt ist es plötzlich so rapid bergabgegangen, dass wir innerhalb weniger Tage eine 24-Stunden-Hilfe für Oma organisiert haben. Zwei Demenzkranke, die nicht miteinander können, das ist derzeit ein bisserl viel für mich.
..... erblich bedingt, mit fünfzig, ne dieser Film ist derzeit wirklich nichts für mich ..... Oma, Mutter, ich .....
Kinobesuche
Ich meide ja meist auch Krankheitsfilme, wobei ich die Demenz als Krankheitsbild noch relativ interessant finde, vermutlich weil ich nicht so richtig verstehe, was genau im Kopf der Betroffenen den ganzen Tag über so vorgeht.
Z.B. verstehe ich nicht, wieso sich mein Vater nie einen Einkaufszettel macht und infolgedessen dann Dinge nicht einkauft, die benötigt werden.
Außerdem verspüre ich eine gewisse stille Bedrohung für mich selbst durch diese Krankheit.
hm
Der große Unterschied liegt wohl darin, das die einen "wissen, das sie vergessen", die anderen bekommen es nicht mit und bestreiten es vehement. Und dann der Unterschied ob es das Lang- oder Kurzzeitgedächtnis betrifft oder beides.
stille Bedrohung? Meinst du damit, das du selbst mal daran erkranken könntest, oder das dein Vater ein Pflegefall wird, oder beides?
Bedrohung
Man hört einfach relativ viel vom Demenz-Problem,
aber vielleicht ist man auch sensibler gegenüber dieser Thematik geworden und nimmt einfach mehr hierzu wahr als früher.
Hallo Treibgut :-)
Demenz gab es früher auch schon. Da hieß es dann, die Oma ist ein bisschen tüdelig und gut war. Ein Pflegeheim kam gar nicht in Betracht, war auch viel zu teuer. Pflegestufen gab es nicht. Pflegegeld auch nicht.
Was die Bedrohung betrifft: Man kann auch über ein Streichholz stolpern ... ! Will sagen, es lohnt nicht, sich grundlos verrückt zu machen.
Das dein Vater keinen Einkaufszettel schreibt, ist für ihn vielleicht eine Übung, eine Denkaufgabe.
Finde ich gut, egal ob dann was fehlt. In seinem Alter top. Meine Schwiegermutter wird bald 84 und weiß fast nix mehr. Sie hatte aber auch mit 65 J. einen schweren Schlaganfall mit fast kompletten Sprachverlust erlitten. Bei ihr wohl der auslösende Moment für den Beginn ihrer Demenzerkrankung.
Hallo @ capra Ibex :-) Im Anfang versuchen alle Erkrankten ihre "Vergesslichkeit" zu überspielen. Denn bemerken tun es alle, egal um welche Art der Erkrankung es geht. Das klappt meist auch erst sehr gut. Irgendwann geht es nicht mehr. Oftmals erkennt das Umfeld es daran, dass das Äussere vernachlässigt wird und im Haushalt alles drunter und drüber geht. Oder es werden wahre "Räuberpistolen" erzählt, die nicht stimmen können.
Um welche Art Demenz es sich dann handelt spielt dann nur noch eine untergeordnete Rolle.
Grüßli :-)
Treffend beschrieben
Samstag
Ich habe beruflich mit dementiell veränderten Menschen zu tun. In der Frühphase merken alle, dass sie sich verändern. Ganz, ganz viele Leute legen sich ein Ritual zurecht und täuschen damit fast alle, mit denen sie irgendwie zu tun haben.
Ganz schlimm sind die Leute dran, jedenfalls empfinde ich das so, die schon jahrelang schwerst-dement sind, aber immer noch Phasen haben, in denen sie merken "Hier stimmt was nicht."
Die leben oftmals in sich zurückgezogen, wollen in Ruhe gelassen werden. Und werden aggressiv bis gewalttätig, wenn man ihnen zu nahe kommt.
Andere räumen ständig die Schränke aus. Und schaffen es nicht, sie wieder einzuräumen. Sie haben vergessen, dass sie das tun wollten.
Bei manchen schreitet die Demenz schleichend voran - bei anderen kommen die Schübe rasend schnell. Am Gang, an der Körperhaltung, am Gesichtsausdruck kann man erkennen, wie weit die Demenz fortgeschritten ist.
Du fragst Dich, warum Dein Vater keinen Einkaufszettel schreibt. Jetzt frage ich mal: Kann Dein Vater noch einen Einkaufszettel schreiben? Kann er überhaupt noch etwas schriftlich aufs Papier bringen?
LG
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