Im Kino (09/09)
Stephen Daldry drehte nach einem 1995 veröffentlichten Roman von Bernhard Schlink den Film “Der Vorleser”. Er handelt von einem 15-jährigen Jungen, der von einer deutlich älteren Frau (Kate Winslett) verführt wird, ihr vor oder nach dem Sexualakt Geschichten vorliest und wenig später verlassen wird. 8 Jahre später muss er angesichts eines Prozesses erkennen, dass es sich bei seiner ehemaligen Geliebten um eine ehemalige KZ-Aufseherin handelt. Er schickt ihr über Jahre mit Kassetten ins Gefängnis, die er mit Büchern besprochenen hat.
Obwohl die sexuell-erotischen Szenen durchweg in der 1. Hälfte des Filmes vorkommen, gewinnt der Film im Grunde erst in der 2. Hälfte an Fahrt und emotionalen Tiefgang. Unter den letzten Filmen, die sich mit der deutschen Vergangenheit im 3. Reich beschäftigen (wie z.B. Anonyma, Die Entdeckung der Currywurst, Das Stauffenberg-Attentat), gefiel er mir noch am besten, ohne letztendlich gänzlich überzeugen zu können. Vor allem überzeugt die darstellerische Leistung von Kate Winslett, die dafür ja auch einen Oscar bekommen hat.
Die Geschichte, die rein gar nichts über Kindheit und Jugend der Aufseherin verrät und einen Typen (Ralph Fiennes) präsentiert, der in stunden- und jahrelanger Arbeit Kassetten bespricht, ohne seine Verflossene in 20 Gefängnisjahren auch nur einmal zu besuchen, ist schon etwas merkwürdig, aber vielleicht macht gerade das auch ihren Reiz aus. Eine ansprechende Filmkritik hat der spiegel veröffentllicht.
Clint Eastwood's Regie-Leistung habe ich vor nicht allzu langer Zeit hier schon mit seinem vorletzten Film “Der fremde Sohn” lobend erwähnt, da kommt bereits mit “Gran Torino” ein weiterer Eastwood-Film ins Kino, den ich nunmehr auch loben muss.
In “Gran Torino” spielt Eastwood selbst den alten kauzig-nörgelnden Knacker, der nach dem Tod seiner Frau allein in einem Haus wohnt und seine Vorurteile gegen die farbigen Nachbarn aller Art hegt und pflegt. Nebenan wohnt eine Hmong-Sippe, die er u.a. als Bambusratten tituliert. Dennoch kommen sie sich näher, als es zu einem Konflikt mit einer Bande kommt und der Alte diese mit seiner Kanone verjagt. Und irgendwann kommt ihm die Erkenntnis, dass er mit der Hmong-Sippe doch wohl mehr gemeinsam hat, als mit seiner eigenen Familie.
Doch der über weite Strecken kauzig-witzige Film kippt und wird im letzten Viertel sehr ernst, wobei sich der Film dadurch auszeichnet, das er wieder mal nicht die Erwartungshaltung des Zuschauers über dessen weiteren Verlauf bedient - ist vielleicht auch schade, denn wir wären vermutlich auch mit einem konventionellen Racheepos durchaus zufrieden gewesen.
Das einzige, was man Herrn Eastwood vorwerfen kann, ist, dass er seine Selbstinszenierung vielleicht doch in einem zu hellen, positiven Licht erstrahlen lässt; daran ändert auch nichts, wenn er gelegentlich von seinen bösen Taten im Korea-Krieg erzählt. Mehr zum Film bzw. filmischen Werk Eastwood's könnt ihr z.B. bei critic nachlesen.