Bücher

Montag, 24. Juli 2017

Bücherwelten: Kinder des Jacarandabaums

Sahar Delijani's Debut-Roman „Kinder des Jacarandabaums“ (orig.: Children of the Jacaranda Tree, 2013) spielt in Teheran und in Turin in den Jahren 1983 – 2011. Die Autorin, die selbst in einem Teheraner Gefängnis geboren wurde, erzählt sicher teil-autobiographisch von den Geschehnissen nach der Revolution und Machtübernahme des Ajatollah Chomeini, der nach und nach sämtliche oppositionelle Gruppen ausgeschaltet hat. Davon waren auch die Frauen betroffen, die zum Teil in der Opposition gearbeitet haben.

Der Schwerpunkt ihrer Geschichte, die nicht streng chronologisch erzählt wird, liegt dabei auf der Frauenperspektive sowie auf den Familien, die vielfach auseinandergerissen wurden, weil Angehörige ins Ausland emigrierten und andere daheim blieben – oft ohne die Männer, die im Gefängnis saßen und Jahre später möglicherweise auch hingerichtet wurden.

Hier wird Familiengeschichte aufgearbeitet, wobei die Autorin selbst nur bis zu ihrem 13. Lebensjahr im Iran lebte, dann in die USA und später nach Italien zog. Vieles weiss sie daher nur vom Hörensagen ihrer eigenen Verwandten und Bekannten, und ihr Schreibstil ist zudem amerikanisch geprägt, wodurch insgesamt der authentische Eindruck etwas leidet.

Von bücherrezensionen wird bemängelt, dass die politischen Vorgänge und Hintergründe absichtlich ausgespart werden.

Das Buch hängt in der Mitte etwas durch, kann aber besonders am Anfang und Ende der Geschichte überzeugen.

Donnerstag, 13. Juli 2017

Bücherwelten: Clive Barker's Bücher des Blutes I - III

In den 1980er Jahren erschienen Die Bücher des Blutes I – VI des britischen Autors Clive Barker. Es sind Horror-Geschichten, die sehr erfolgreich waren und mitunter auch Preise wie den World Fantasy Award gewannen. Eine ganze Reihe dieser Geschichten las ich schon in diversen Phantastik-Anthologien der 1990er Jahre.

Im Jahr 2003 veröffentlichte der in 2008 bankrott gegangene Area-Verlag die „Bücher des Blutes“ in zwei jeweils 800 Seiten dicken gebundenen Wälzern, die ich mir vor langer Zeit mal bei „2001“ zulegte. Den ersten dieser Wälzer habe ich jetzt endlich durchgelesen. Es hat lange gedauert, mir fehlt es an Zeit, und es ist mitunter anstrengend (was vielleicht auch an der Übersetzung liegen könnte).

Wie der Namen schon erwarten läßt, es geht düster und blutig zu in diesen Geschichten, Blut spritzt, Eingeweide und Körperteile fliegen umher, scheußliche Metamorphosen zerreissen die in Besitz genommenen oder infizierten Körper.

Es sind (zum Glück) keine herkömmlichen Serienkiller- und Psychopathen-Geschichten. Hier haust vielmehr das archaische Grauen, seien es Dämonen, glibbrige Monster, ein 3 m großes menschenartiges Ungeheuer, dessen Grab ausgebuddelt wird, lebendig werdende Statuen oder die auf einer Pazifik-Insel begrabenen Ertrunkenen, deren Ruhestätte gestört wird.

„Die Bücher des Blutes“ gelten als Meilensteine der Horror-Literatur. Man kann sie auch heute noch günstig in zwei Bänden kaufen. Wer z.B. bei Amazon schaut, sieht, dass der Nikol-Verlag sie in 2015 erneut veröffentlicht hat.

Donnerstag, 22. Juni 2017

Bücherwelten: „Nathan Sid“ von Adriaan Van Dis

Es gibt Bücher, die habe ich echt schon sehr lange und zuvor noch nie gelesen. Die Novelle „Nathan Sid“ z.B. kaufte ich im Juni 2001 in der Ehrenstraße. Der Laden ist längst verschwunden. Woher ich das Kaufdatum weiss? Normalerweise lasse ich den Einkaufsbon im Buch stecken, solange ich es noch nicht gelesen habe.

Adriaan Van Dis ist ein niederländischer Autor und immer noch aktiv. Die Novelle „Nathan Sid“ schrieb er 1983. Sie spielt ungefähr Mitte der 1960er Jahre und trägt autobiographische Züge, denn sie handelt von einem Jungen, der mit drei in Indonesien geborenen älteren Schwestern und Eltern, die sich in Indonesien kennen lernten, in den Niederlanden in einer quasi-indonesischen Famile aufwächst. Das entspricht ungefähr seiner Biographie.

Kinder, die sozusagen gleichzeitig mit den unterschiedlichen Wertesystemen zweier Kulturen aufwachsen, können Marotten und Störungen entwickeln – insbesondere, wenn die Eltern auch noch zusätzlich durch teiltraumatische Erinnerungen geprägt sind (im vorliegenden Fall die japanische Besetzung Sumatras in den 1940er Jahren).

Konflikte entstehen sowohl zu Hause als auch in der Schule. Das ist auch bei Nathan so. Er beschliesst, von einem Tag auf den anderen, konsequent Vegetarier zu sein. Das ist nicht leicht, wenn die Schwesterchen ungerührt am Abendtisch weiterhin an Hühnerkeulen nagen.

Im Ergebnis ist es eine nette anschauliche Novelle über Konflikte in Migrantenfamilien geworden, die damals von Siegfried Mrotzek einfühlsam übersetzt wurde. In mancher Hinsicht passt die Novelle heute in Deutschland sogar besser in die Zeit als in den 1980er Jahren, da die Flüchtlings- und Integrationsproblematik heute viel präsenter ist und in den Flüchtlingsfamilien aus Syrien etc. ähnliche Probleme der Kultur- und Selbstfindung zugegen sein dürften.

Montag, 19. Juni 2017

Bücherwelten: „Ihre Nacht“ von Banana Yoshimoto

Die Autorin gilt als No. 2 in Sachen japanischen Belletristik-Exports, hinter Murakami. In ihrem Roman „Ihre Nacht“ (Japan, 2008) erzählt sie von einem Cousin-/Cousinen-Verhältnis. Nachdem diese in der Kindheit getrennt wurden, steht eines Tages der Cousin in Tokyo vor der Tür der jungen Frau. Gemeinsam versuchen sie die Abgründe einer dunklen Vergangenheit zu ergründen, besuchen alte Schauplätze, suchen Zeugen der damaligen Geschehnisse auf.

Obwohl dieser Roman noch eine faustdicke Überraschung bereit hält, ist es nicht unbedingt der Handlungsverlauf, der Bücher von Yashimoto auszeichnet. Vielmehr ist es die exakte Ausarbeitung der Charaktere, was sie denken, was sie reden, die den Büchern einen enorme, überzeugende Tiefe verleihen.

Die Übersetzung aus dem Japanischen von Thomas Eggenberg kann ich als gelungen bezeichnen.

Ein sehr geheimnisvoller Großstadtroman, der irgendwo zwischen düsterer Wirklichkeit und Traum wandelt, meint misteraufziehvogel treffend.

Donnerstag, 15. Juni 2017

Bücherwelten – Der Krake

China Miéville's Roman „Der Krake“ (orig.: 2010) spielt im magischen London dieser Tage, das voller geheimer Sekten und zum Teil auch funktionierender okkulter Praktiken ist. Aus einem Museum wurde ein konserviertes, großes totes Krakentier gestohlen – samt Behälter. Verschiedene konkurrierende Sekten schieben sich gegenseitig die Schuld zu und begeben sich auf die Suche nach dem Tier, das zentraler Bestandteil ihres Glaubens ist oder von dessen Kraft Unheil oder eigener Machtzuwachs erwartet wird. Magisch-übernatürliche Wesen erwachen zum Leben, und auch der Krake wird zeitweise wieder lebendig.

Im Ergebnis hatte ich so einige Schwierigkeiten, mich mit dem Buch anzufreunden. Vor allem hängen die mittleren Dreifünftel Seiten des über 700 Seiten dicken Romans schwer durch. Viel pseudo-existenzielles und philosophisch-okkultes Geschwafel über den kommenden Weltuntergang dominiert.

Von China Miéville las ich schon einige Bücher, aber dieser Roman hier hat doch meiner positiven Meinung über sein Werk einen deutlichen Dämpfer verpasst. Oder die Übersetzung ist schwach.

Die Meinungen über dieses Buch sind durchaus unterschiedlich, man kann sich das beispielsweise bei amazon angucken.

Mittwoch, 7. Juni 2017

Bücherwelten – Eine Kiste explodierender Mangos

Mohammed Hanif's Roman „Eine Kiste explodierender Mangos“ (engl. orig. 2008) angelte ich aus dem öffentlichen Bücherschrank. Ein Roman eines pakistanischen Autors, der in Pakistan spielt – das ist eher selten auf dem deutschen Buchmarkt zu finden.

Der Autor war dort früher Luftwaffenpilot, und das Buch bewegt sich im militärischen Umfeld des Diktators Zia ul-Haq, der 1988 unter fragwürdigen Umständen bei einem Flugzeugabsturz umkam. Jedenfalls dürfte es wohl am Werdegang des Autors liegen, dass die Schilderung des militärischen Milieus recht authentisch wirkt.

Das Buch ist häufig ziemlich boshaft-anarchistisch, wenn die zelebrierten militärischen Riten, Denkweisen und Kommandostrukturen geschildert werden. Im Mittelpunkt steht dabei ein Luftwaffenkadett, der vielleicht auch ein Motiv hat, den Diktator umzubringen, dann aber zunächst in die Mühlen des Geheimdienstes gerät, der – vielleicht nicht nur bei Diktaturen üblich – paranoid wirkenden Bedrohungsszenarien nachgeht und zugleich auch seine eigenen Intrigen spinnt.

Ein ziemlich gutes Buch, das für den Booker Prize nominiert war und andere Preise gewann. Das fanden viele, auch seinerzeit die Dame von der Frankfurter Rundschau. Ursula Gräfe hat es demnach wohl auch gut übersetzt. Irgendwie ist es bemerkenswert, dass der Autor zuvor 12 Jahre in London lebte und in dem Jahr, als dieses Buch erschien, nach Pakistan zurückkehrte.

In Pakistan war ich noch nie. Es gilt als gefährlich. Es ist kompliziert – und man weiss nicht, wie es enden könnte. Vielleicht so?

Montag, 27. März 2017

Buchlandschaften: Die Regenbogen-Truppe

Andrea Hirata gilt zurzeit als Indonesiens international meistgelesenen Autor. In seinem autobiographischem Roman „Die Regenbogen-Truppe“ (2005) schildert er den Kampf einer armen kleinen zerfallenden indonesischen Grundschule (10 SchülerInnen) gegen die Widrigkeiten im täglichen Schulbetrieb und die Begehrlichkeiten der alles dominierenden mächtigen Zinn-Gesellschaft, die den Standort der Schule abgraben möchte.

Der Roman – aus der Sicht eines Jungen geschrieben - spielt in den 1980er Jahren und springt gegen Ende in die 1990er Jahre, um zu schildern, was aus den SchülerInnen geworden ist. Trotz des streckenweise sehr sentimentalen Schreibstils ist der Roman ein Meisterwerk in Sachen überzeugend geschilderter engagierter Zivilcourage.

Der Roman wurde millionenfach in Indonesien verkauft, erschien hierzulande aber erst in 2013. Er hat den Tourismus auf der Zinn-Insel gefördert. Google Maps zeigt ein Andrea-Hirata-Museum in Hiratas Heimatort Gantung. Wer hinfahren möchte, nur zu. Es gibt einen Flugplatz auf Belitung, aber auch eventuell spannendere Schiffsverbindungen. Ein bißchen Abenteuergeist ist vielleicht erforderlich.

Mittwoch, 6. Januar 2016

Die sonderbare Buchhandlung des Mr. Penumbra

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Robin Sloan's gleichnamiger Debut-Roman war in 2012 ein Bestseller in den USA. Er handelt von einem jungen Mann, der einen Nachtschicht-Job in einer altertümlichen, eher antiquarischen Buchhandlung annimmt, die von einem alten Kauz geführt wird. Besucher kommen nur wenige und diese leihen meist merkwürdige Bücher aus, die nur unlesbaren Buchstabensalat enthalten. Der junge Mann lernt dann irgendwann eine junge Frau kennen, die erstmals die Buchhandlung aufsucht und sich als eine Mitarbeiterin von Google entpuppt.

Gemeinsam mit ihr und den technischen Möglichkeiten des digitalen Zeitalters und denen von Google beginnen sie, das Geheimnis der Buchhandlung und der Bücher zu enträtseln.

Soweit so gut, der Roman fängt gut an, spielt mit dem Kontrast von alter Technik in der Buchhandlung und neuer (digitaler) Technik draußen, man merkt dem Autor an, dass er in der IT-Branche zu Hause ist. Leider kann der Roman nach meinem Eindruck aber das Niveau nicht halten.

Die Rezensionen sind allgemein durchwachsen, es gibt gute und schlechte, wie ihr z.B. bei literaturschock nachlesen könnt.

Mittwoch, 30. September 2015

Eine Hand voller Sterne

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Rafik Schami, syrischer Schriftsteller, der aus politischen Gründen schon lange in Deutschland lebt, läßt in seinem kurzen Roman „Eine Hand voller Sterne“ (1987) einen Bäckerjungen in Damaskus zu Wort kommen, der mittels Tagebucheintragungen von seinem Leben in der syrischen Hauptstadt erzählt. Er will Journalist werden und versucht so oft wie möglich aus der Bäckerstube seines Vaters zu entkommen.

Doch er lernt auch, dass es in Syrien (schon damals) gefährlich ist, Journalist werden zu wollen, da jede Meinungsfreiheit von der häufig mal wechselnden Regierung brutal unterdrückt wird.

So gründet der Protagonist mit Freunden eine subversive „Sockenzeitung“, die vorwiegend in Form von Socken auf den Märkten verkauft wird.

Der Autor flechtet viele kleine, oft märchenhafte orientalische Geschichten ein, die oft der Onkel erzählt.

Der meist noch freundliche Erzählstil des Autors ist heute von der brutalen Wirklichkeit in Syrien endgültig überholt worden. Dabei war es dort wie bei uns, meint radiergummi.

Mittwoch, 3. Juni 2015

Im Reich der Toten

Ich gebe zu, mein Verhältnis zu Gebeinen und Knochen im Allgemeinen ist etwas dubios. Sie haben mich schon immer irgendwie fasziniert, ohne dass mir wirklich klar wäre, woran das liegt.

 photo BB0275-Reich_der_Toten_zpsesxja6o3.jpg

Jedenfalls, das nebenstehende Buch mit dem Untertitel "Eine Kulturgeschichte der Beinhäuser und Ossuarien" hatte ich schon seit Längerem ins Auge gefaßt gehabt. Und vor kurzem wurde der Preis auf 20 € halbiert, und da habe ich dann zugeschlagen. Immerhin bin ich in den beiden lt. Buch bekanntesten „Beinhäusern“ mal gewesen, in den Katakomben von Paris, das ist schon länger her, es war noch vor meiner Blogger-Zeit. Und in der Knochenkirche von Sedlec, das ist noch keine zwei Jahre her, darüber wurde in diesem Blog auch berichtet.

Kürzlich in Portugal habe ich allerdings einige Sehenswürdigkeiten dieser Art verpaßt. Aber das kann man ja vielleicht noch mal nachholen.

Jedenfalls, ein schickes Buch mit vielen Bildern und Text zu den Hintergründen, das Herr Koudounaris da verfasst hat.

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